Wenn das Licht zurückkehrt
(Diakon Jörg Lange) Erwarten Sie sie auch schon sehnsüchtig: die Wintersonnenwende? Und mit ihr die leise Rückkehr des Lichtes?
Am 21. Dezember, also morgen, durchschreiten wir auf der Nordhalbkugel den kürzesten Tag und die längste Nacht des Jahres. Weniger als acht Stunden wird es taghell sein. Und doch geschieht genau hier etwas Entscheidendes: Die Richtung ändert sich. Unmerklich zunächst, kaum wahrnehmbar. Aber von nun an gewinnt das Licht an Raum. Die Wintersonnenwende ist kein lauter Triumph. Sie ist eine stille Wende.
Manche Phasen unseres Lebens fühlen sich ähnlich an, wie die Tage um die Wintersonnenwende: dunkel, kalt, schwer. Hoffnung wächst dann oft nicht spektakulär. Auch sie kann leise beginnen. In diese Stimmung der dunkelsten Tage des Jahres passt eine kleine Erzählung:
Kleine Geschichte vom Widerstand des Lichts
Es war dunkel, nicht nur wenig hell, sondern wirklich dunkel; und mancher hatte sich längst daran gewöhnt. Niemand erwartete hier noch Helligkeit. Doch dann stellte jemand ein kleines Licht auf. Kein großes, kein blendendes. Aber es widersprach der Dunkelheit. Die Dunkelheit drängte sich heran, legte sich schwer um das Licht, als wolle sie es ersticken. Doch das Licht blieb an seinem Platz. Auch wenn es manchmal flackerte, es ging nicht aus.
Man hätte das kleine Licht wohl versetzen können. An einen günstigeren Ort. Dorthin, wo es mehr gesehen würde. Aber das Licht hatte keinen Auftrag, sichtbar zu sein. Es hatte nur einen Auftrag zu leuchten. Und während die Dunkelheit alles tat, um Raum zurückzugewinnen, geschah etwas Unscheinbares: In der Nähe des Lichtes war es nicht mehr völlig finster. Orientierung wurde möglich. Nähe. Wärme. Die Dunkelheit war nicht ganz verschwunden. Aber sie hatte ihre Unbedingtheit verloren. Sie hatte nicht mehr das letzte Wort.
So beginnt Hoffnung oft: unscheinbar zunächst, still, in einem abgelegenen Winkel unseres Lebens. Nicht laut. Und es ist auch kein Zufall, dass Christen das Christfest bewusst in die Nähe der Wintersonnenwende gelegt haben. Nicht weil man das Geburtsdatum Jesu gekannt hätte, sondern weil man verstanden hat, was hier geschieht: Mitten in der längsten und tiefsten Nacht kommt das Gotteslicht in die Welt. Nicht irgendwann. Jetzt.
Der Prophet Jesaja hatte diese Hoffnung bereits Jahrhunderte vor Christi Geburt so formuliert: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“ (Jesaja 9,1)
Jesaja kennt Dunkelheit, Bedrängnis, Gewalt und Angst. All das. Doch gerade hier wagt er zu prophezeien: Die Dunkelheit hat nicht das letzte Wort. Gott schafft Licht und Zukunft. Christen haben diese Worte von je her an Christus gebunden. An das Kind in der Krippe. An den, der von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ (Johannes 8,12a) Nicht ein Licht unter vielen. Das Licht, in dem Gott selbst kommt. Das Hoffnung bringt, das Wärme schenkt, das Orientierung gibt - durch alle Nacht hindurch. Und das uns auffordert dieses Licht weiterzugeben. Wie ein kleines Licht, das einfach leuchtet, weil es entzündet wurde..
Und dies ist doch Herausforderung nicht nur in diesen Tagen um die Wintersonnenwende und das Christfest: weniger auf die Finsternis zu starren als vielmehr darauf zu achten, wo wir Licht weitergeben können. In zugewandten Worten. In Gesten des Friedens. In der Bereitschaft in der Gemeinschaft füreinander da zu sein.
Die Wintersonnenwende verspricht noch keinen langen, hellen Tag. Aber sie verspricht eine neue Richtung.
„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt.“ (Jesaja 60,1a).
Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit.







