Die Zeit heilt alle Wunder
(Pfarrerin Katharina Baumann-Schulz) Stutzig macht diese Liedzeile der Gruppe ‚Wir sind Helden‘: Die Zeit heilt alle Wunder. Eigentlich heißt das Sprichwort doch: Die Zeit heilt alle Wunden. Wie geht es ihnen mit diesem Satz? Stimmt der überhaupt? Vollständig ausgeheilt sind Wunden selten. Narbengewebe, alte Verletzungen melden sich oft auch nach Jahrzehnten noch schmerzhaft zurück. In dem Lied Die „Zeit heilt alle Wunder“ wird diese sprichwörtliche Erfahrung gewendet. Nicht nur an Wundnarben, auch an die Wunder, die wir erlebt haben, gewöhnen wir uns – manches scheint vergessen, bis es oft nach Jahren oder sogar Jahrzehnten wieder aufflackert. Wie alte Verletzungen, die sich tief einprägen, gibt es doch ein paar Dinge – ich behaupte in jedem Leben – die wunderbar waren und sind.
Ich fühle mich provoziert durch dieses Lied, die Wunder in meinem Leben wahrzunehmen, aber lesen sie selbst oder hören sie sich das Lied an: „Die Zeit heilt alle Wunder, wenn du sie gut verschnürst. Bind nur die Stelle gut ab bis du gar nichts mehr spürst. Du weißt ein Feuer geht aus, wenn du es länger nicht schürst. Und du weißt, dass du besser an alte Wunder nicht rührst. Und auch das größte Wunder geht vorbei – Und wenn es dich nicht loslässt zähl bis drei. Und es geht vorbei, es geht vorbei. Du kommst auf die Welt, um ihr den Kopf zu verdreh’n.
Du lachst über Hunde und deine eigenen Zehen. Du bleibst, kaum kannst du laufen, alle zwei Meter steh’n. Und fällst auf die Knie, um noch ein Wunder zu seh’n. Und am nächsten Wunder zieh’n sie dich vorbei.
Und der, der dich am Arm hält zählt bis drei. Und es geht vorbei, es geht vorbei. Es geht vorbei. Die Zeit heilt alle Wunder schon nach wenigen Jahren; schon nach wenigen Jahren – nur noch Narben, da wo Wunder war’n.- Die Zeit heilt, und alle wundern sich nach all den Jahr’n, dass nichts bleibt als ein paar Stunden, da wo Wunder war’n. Die Zeit heilt, und alle wundern sich nach all den Jahr’n, dass nichts bleibt als ein paar Stunden und Narben, da wo Wunder war’n. Die Zeit heilt alle Wunder.“
Stimmt ja gar nicht, möchte ich dagegen singen: Wenn ich beispielsweise daran denke, wie ein einziger Satz ein Leben nachhaltig verändern kann. Und dieser Satz auch nach 30 oder bei manchen sogar 50 Jahren immer noch oder wieder gesagt wird.
„Ich liebe dich, sagt der Mann zu seiner Frau am 50. Hochzeitstag und meint es auch. Glaube, Hoffnung und Liebe bleiben, gehen nicht vorbei, heißt es in der Bibel im hohen Lied der Liebe im 1. Korintherbrief. Dies feiern vielerorts Jubilare in diesen Tagen bei den Gottesdiensten und Empfängen anlässlich ihrer Jubelkonfirmation nach 50, 60… oder sogar 75 Jahren. Gottes Liebe zu uns hört niemals auf. Das ist wunderbar! Vielleicht gibt es Phasen in meinem Leben, wo die Frage nach Gott plötzlich ganz weit weg war, aber Gott, der die Liebe ist, vergisst mich nicht!
Zeichen und Wunder sahen wir gescheh‘n in längst vergangnen Tagen. Gott will auch unsre Wege gehen, uns durch das Leben tragen.
