Judica – Schaffe mir Recht!
(Pfarrerin Katharina Baumann-Schulz) „Schaffe mir Recht, Gott, und errette mich von falschen und bösen Leuten!“ Diese eindringliche Bitte aus Psalm 43,1 gab dem kommenden Sonntag Judika seinen Namen. Eine Bitte für Situationen ist das, wenn ich verzweifelt bin: gemobbt in der Schule oder am Arbeitsplatz, vertrieben, beschossen, verfolgt, bedrängt, ausgegrenzt, ohnmächtig Vorwürfen gegenüber. Und andererseits bin es ja auch ich, die andere beleidigt, ausgrenzt und mit Vorwürfen überzieht. Schaffe mir – und den anderen - Recht, Gott. In der Passionszeit bedenken wir Christen, dass Gott in Jesus Christus schon längst Recht geschaffen hat, wie es vor Gott gilt. So dass das Unrecht, das uns widerfährt, uns nicht zerstört, sondern wir immer ins Leben gerufen sind. Im Wochenlied ‚Holz auf Jesu Schulter‘ des Sonntags heißt es: „Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht.Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht.Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht.Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.“
Wie dies gnädige Recht-Schaffen Gottes konkret aussehen kann, erzählt eindrücklich eine Geschichte aus dem Johannesevangelium: Jesus kommt zum Gottesdienst und zur Predigt in den Tempel. Dort erwarten ihn schon seine Gegner und wollen ihm eine Falle stellen. Sie hatten eine Frau vor Gericht gestellt, die Ehebruch begangen hat; sie bringen sie zu Jesus; nach dem heiligen Gesetz der Thora müsse Ehebruch mit dem Tod bestraft werden, sagen sie, und fragen Jesus: „Was sagst du dazu?“ Sie wissen um Jesu Botschaft von der Gerechtigkeit Gottes, in der die Gottes- und Nächstenliebe alle Gesetze erfüllt, und bringen ihn so in eine Zwickmühle: Entweder er stimmt der Verurteilung zum Tod der Frau zu, dann verhielte er sich konträr zu dem, was er predigt: seinem Evangelium von Umkehr und Neuanfang. Oder er spricht sich gegen die Vollstreckung des Urteils aus, dann stellte er sich gegen das heilige Gesetz Moses. Wie wird Jesus sich verhalten? Alle sind gespannt. Und Jesus? Er setzt sich neben die Frau und malt in den Sand. Es wird still. Man kann eine Stecknadel fallen hören. Und die Schriftgelehrten drängen ihn zu antworten: „Was sagst du dazu?“ Endlich antwortet Jesus: „Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“ Damit dreht er den Spieß um und die Schriftgelehrten werden auf ihre eigene Verantwortung hingewiesen. Warum z.B. steht nur die Frau und nicht auch der Mann, der die Ehe bricht, vor Gericht, wie es das Gesetz verlangt? Die Schriftgelehrten verstehen: Einer nach dem anderen legt wortlos den Stein aus der Hand und geht weg. Jesus schaut nicht hin. Er malt in den Sand. Schließlich steht er auf und fragt die Frau: „Wo sind sie hin, Frau? Hat dich niemand verurteilt?“ Und sie antwortet: „Niemand, Herr.“ Und Jesus sagt zu ihr: „Ich verurteile dich auch nicht. Geh und lade von jetzt an keine Schuld mehr auf dich.“
Wie heilsam wäre es für uns alle, wenn wir auf schnelles Aburteilen von Menschen verzichteten, einfach vorsichtiger, umsichtiger und zurückhaltender wären in unseren Beurteilungen. Als in dieser Geschichte den Umstehenden schamhaft bewusstwird, dass auch sie nicht immer alles richtig machen, endet die Begebenheit für die Frau mit einem Neubeginn. Jesus zeigt Erbarmen. So wie es im Wochenlied heißt: „Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.“
